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Wenn man zu einer Rede vergattert wird, versucht man normalerweise das drohende Unheil von einem selbst und vor allem auch den Zuhörern abzuwenden. Bei mir war es allerdings so, daß meinem hilflos vorgebrachtem Einwand, ich könne das nicht und schon gar nicht in so kurzer Zeit, zwei unwiderlegbare Gegenargumente entgegengehalten wurden. Das erste lautete "Is wurscht!", das zweite "Hört eh keiner zu!"
Nun - Eröffnungsreden wie diese sind immer ein zweischneidiges Schwert. Zum einen genießt derjenige, den man gezwungen hat, sie freiwillig halten zu müssen, eine gewisse Narrenfreiheit bei der Themenwahl. Er kann sich über Gott und die Welt auslassen, kann, wenn er will, sogar zum Thema der Veranstaltung sprechen - er muß sich aber auch vor Augen halten, daß er einem Publikum gegenübersteht, das eigentlich schon auf etwas ganz anders wartet, nämlich daß die Veranstaltung endlich losgeht. Damit ergibt sich das Problem, daß der Redner seine Zuhörer auf keinen Fall langweilen darf. Die sollen ja schließlich nicht gleich zu Beginn einschlafen, sondern erst bei "SOS aus dem Weltall". Und damit beginnt die Suche nach einem geeigneten Anfang.
Man kann nun aus Klassikern zitieren, zum Beispiel "Spät kommt ihr, oh AUSTRIA CON, doch ihr kommt!" - na ja, war vielleicht ein bißchen zu klassisch, aber dafür passend, wenn man zum Beispiel, so wie wir heute, mit einer halben Stunde Verzögerung begonnen hat.
Oder eine Variante für die Comicliebhaber, etwa in der Art: "Ganz Terra ist von Star Wars besetzt! Ganz Terra? Nein, ein kleines Häufchen Erdenmenschen hört nicht auf, den Eindringlingen aus dem Reich des Lukas Widerstand zu leisten und keine Merchandisingartikel zu kaufen!" Naja, auch nicht gut, zu sehr für Insider. Außerdem - wer kennt schon Asterix?
Beliebt sind auch Filmzitate, etwa: "Ich schau Dir in die Augen, Bully!", aber das kann auch falsch verstanden werden. Man sieht also, es ist gar nicht so leicht.
Obwohl- mein persönlicher Favourite wäre es ja gewesen, die Rede mit den Worten "Der Weltraum, unendliche Weiten ..." zu beginnen, vielleicht auch noch gepaart mit einschlägiger Hintergrundmusik, und dann erwartungsvoll ins Publikum zu schauen. Spätestens da hätten sich wahrscheinlich die ersten gefragt, wer eigentlich auf der falschen Veranstaltung ist, der "Kerl da oben" oder sie?
Andererseits - so schlecht hätte der sidekick zu dieser relativ unbekannten amerikanischen Fernsehserie gar nicht gepaßt. Denn die beiden Serien haben meiner Meinung nach mehr gemeinsam als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Beide erzählen Ausschnitte einer künftigen Menschheitsgeschichte, bei beiden werden die Ereignisse anhand von Schicksalen erzählt, seien es menschliche oder außerirdische - und beide wollen eine Vision vermitteln.
Und das ist für mich das Wichtigste. Denn Visionen waren schon immer eine der treibenden Kräfte in der Entwicklung der Menschheit. Die umwälzendsten gesellschaftlichen Entwicklungen, aber auch die bahnbrechendsten technischen Erfindungen haben sich dort ereignet, wo Menschen sagten "I have a dream!". Man möge mir verzeihen, daß ich hier einen tatsächlich historischen Satz verwende, es geschieht in tiefem Respekt vor jenem Mann, der für seine Vision mit dem Leben bezahlen mußte.
Auch jene Autoren, die die Perry Rhodan Serie vor bald 40 Jahren aus der Taufe hoben, hatten ihre Visionen. Sie wollten etwas Neues schaffen, etwas, das es bis dahin in dieser Form nicht gegeben hatte. Nun wäre es sicher falsch, zu behaupten, die Autoren hätten damals bereits ein derart umfangreiches Werk vor Augen gehabt oder gar kosmische Botschaften - sie wollten sicherlich in erster Linie ihre Leser unterhalten, gut unterhalten, was ihnen ja auch gelungen ist. Die Perry Rhodan Serie selbst weist aber trotzdem schon von Beginn an eine Reihe von Gedanken auf, die man zweifellos in die Gruppe der positiven Utopien einreihen kann. Denn es war damals, zur Zeit eines fast schon heißen kalten Krieges - man denke nur an die fast zeitgleich stattfindende Kubakrise oder den Berliner Mauerbau - eine sehr gewagte Vision, von einer demokratisch geeinten Menschheit zu träumen. Dies ist bei aller sonstiger Kritik an den ersten Zyklen der Serie - sei sie nun angebracht oder nicht - ein sehr positiver Aspekt.
Und das ist es auch, was - wie ich glaube - gute Science Fiction ausmacht. Sie soll Visionen vermitteln, sie soll die Menschen dazu bringen, über die vorhandenen Grenzen hinaus zu denken. Ich möchte an dieser Stelle einen begeisterten SF-Anhänger, nämlich Robert Jungk, zitieren, der in einem Interview einmal meinte, daß SF dazu anregen soll, Entwicklungen und Trends nicht einfach als gegeben hinzunehmen. Sie soll dazu dienen Alternativen zu finden, Gedankenexperimente nicht einfach als "Spinnerei" abzutun, die politische Phantasie zu aktivieren und auch Gefahren zu erkennen. Für ihn ist SF, wie er meinte, das Sprachrohr von Visionären.
So - und bevor mir jetzt genau der Fehler, sich im Thema zu verlieren selbst auch unterläuft, möchte ich mich daher an eine alte Grundregel halten, nämlich daß man bei derartigen Gelegenheiten über alles reden darf, nur nicht über 10 Minuten.
Wie einigen möglicherweise bereits aufgefallen ist, bin ich nicht der Herr Innenminister, auch wenn ich die einleitenden Worte sprechen darf. Bundesminister Mag. Schlögl hat zwar ursprünglich vorgehabt zu kommen - und wer ihn so wie ich persönlich ein wenig kennt, weiß, daß er das als begeisterter Perry Rhodan Leser auch ernst gemeint hat - die derzeitige innenpolitische Situation hat aber seinen Terminplan diesbezüglich ein wenig über den Haufen geworfen und ihm und uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Er wünscht uns aber auf jeden Fall viel Erfolg und gutes Gelingen für den CON.
Mir bleibt eigentlich nur zu hoffen, daß uns die Verwirklichung unserer kleinen Vision - zu der uns übrigens unsere Grazer Freunde vor einem Jahr angestiftet haben - zur Zufriedenheit aller gelingen wird und daß wir morgen nachmittag sagen können "Ein kleiner Schritt für Perry Rhodan, aber ein großer für unseren Stammtisch!"
In diesem Sinne viel Spaß und Bühne frei für den ersten Programmpunkt.
(Wolfgang Zenker, am 29.Oktober 1999)