Der Erbe des Universums
 

AUSTRIA CON IV
40 JAHRE P.R.

 

"Hurra, das Leben hat mich wieder! Nach mehr als zwei Monaten Einzelhaft in einer kleinen, dunklen PC-Zelle bei Cola und Keksen, mit gelegentlichen Freigängen zwecks harter Strafarbeit, wurde ich nach der abschließenden, dreitätigen Beurteilung durch ein anerkanntes Gremium von Spezialisten mit dem Verdacht auf Unheilbarkeit auf zwei Jahre Bewährung entlassen. Allerdings wurden jedwede Schadenersatzansprüche meinerseits wegen Schlafentzugsfolter, Aushungerung oder Verleitung zum Versteigerungsglückspiel abgelehnt. Als Bewährungshelfer wurde mir der PERRY RHODAN-Stammtisch Wien zur Seite gestellt, und das Resozialisierungsprogramm sieht eine Beschäftigungstherapie vor, bei der die Worte "Con" und "Projekt" streng verboten sind, um keine Überreaktionen auszulösen."
(Aus Eric's persönlichem Tagebuch, 10. September 2001)

Ich könnte so vieles über den Con erzählen, daß damit wahrscheinlich ein ganzes Buch zu füllen wäre. Angefangen in der "Stunde Null" mit der Planung der Veranstaltung bis hin zu den Abbau- und Aufräumungsarbeiten am "day after" hat uns der Con über ein Jahr lang beschäftigt. Vor allem in den letzten Monaten liefen die Vorbereitungen wie ein zweitklassiger Abenteuerfilm ab - immer wieder steuerte alles auf die große Katastrophe zu, und dann kam der Held bzw. irgendein armes Schwein von unserer Truppe und riß in allerletzter Sekunde gerade noch das Steuer herum. Und dann war da noch die Sache mit den Würstchen.

Aber bleiben wir zunächst einmal beim interessantesten Teil, dem Con-Wochenende selbst. Wir hatten die Aufbauarbeiten vor Ort völlig unterschätzt, als wir uns am Freitag, dem 7. September 2001 um 9:00 Uhr morgens beim Palais Eschenbach trafen. Ausgerüstet mit Arbeitshandschuhen und - noch - frohen Mutes gingen wir ans Werk. Die Stellwände für die Bilderausstellung hatten Roman und Thomas schon am Donnerstag angekarrt und zwischengelagert, jetzt galt es "nur" mehr, sie aufzustellen - man sollte nicht glauben, wie schwer Holz werden kann, vor allem nach der dreißigsten ein mal zwei Meter großen Platte. Aber zu diesem Zeitpunkt wußten wir Glücklichen noch nicht, was auf uns mit den Schaukästen für die Briefmarkenausstellung zukommen würde. Aus einem mehrere Gassen entfernten Kellerlager waren nicht nur unzählige sperrige Holzrahmen zu holen, sondern auch die dazugehörigen Glasplatten, und die waren zu zehn Stück in armdicken Holzverschalungen verpackt, damit sie nicht zu Bruch gehen - na ja, zumindest die meisten davon nicht. Das Zeug wurde auf klapprige Rollwagerl verladen, und dann ging es unter lautem Gehupe der Autofahrer über diverse Straßen wieder zum Palais zurück, bergauf natürlich. Irgendwie haben wir es dann noch geschafft, das Material durch verwinkelte Gänge in den zweiten Stock bis ins Foyer zu bringen, wo die Vitrinen dann von Klaus aufgebaut und mit Briefmarken bestückt wurden.

"Der Schweiß fließt in Strömen. Zu viert werden wir an ein Holzgeschirr gebunden und müssen ein Vielfaches unseres Körpergewichtes an Platten befördern, um diese nach einer kurzen Erholungspause wieder fortzuschaffen. Nicht genug der Demütigung, werden diese Qualen auch noch in Bildern festgehalten. Zum Glück gibt es keinen Peitschenknaller!"
(Aus Eric's persönlichem Tagebuch, 7. September 2001)

Mittags ging man schichtweise in ein kleines Beisl um die Ecke oder zum McDonalds, um einen kleinen Happen zu essen. Mittlerweile war auch Tom Haver mit seinem Comicshop aufgefahren, und es war unglaublich, was so alles in ein Auto samt Anhänger hineinpaßt. Gut, gegen Reinhard Rauscher, der wegen einer Autopanne erst am Abend zu Beginn der Vernissage kam, konnte er natürlich nicht anstinken, aber die beiden hatten es schließlich geschafft, den eigentlich für mehrere Händler vorgesehenen Raum zu zweit zu füllen.

Die Zeit verging wie im Flug. Als nächstes kamen die Besorgungen dran. Während Thomas zum Supermarkt fuhr, um das Buffet mit einigen Fässern Getränken und ein paar hundert Paar Würstchen zu bestücken, holten Roman und ich über hundert "Reg Bull" Getränkedosen ab, die sich dann am Samstag zu einem wahren Verkaufsschlager entwickelten. Sogar eine Woche später gab es noch Anfragen deutscher Fans, weil Reinhard Rauscher einige der Dosen mitgenommen und in Braunschweig weiterverkauft hatte. Nach unbestätigten Angaben soll der Inhalt nicht schlecht geschmeckt haben.
Zwischendurch wurde im Foyer bereits die "Stammtisch-Ecke" mit der Kassa und zahlreichen Fanartikeln, die wir uns aus Deutschland hatten schicken lassen, hergerichtet. Der neue P.R.-Fanroman unseres Mitstreiters Michael Marcus Thurner war damit bereits vor Beginn der Veranstaltung ausverkauft, und auch die brasilianische P.R.-Ausgabe fand zahlreiche Abnehmer in den eigenen Reihen. Manfred und ich zogen durch das Stiegenhaus und pflasterten es mit Con-Plakaten zu, damit die Gäste auch den richtigen Weg finden würden.

Dann begann das Warten auf die Bilder. Während die Bruck-Gemälde ja bereits vor über einer Woche per Spedition aus Rastatt gekommen waren - das Stück übrigens auf über DM 10.000 versichert, Stammtischauge sei wachsam! - fehlten uns noch die Bilder der österreichischen Zeichner, die erst im Laufe des Nachmittags eintrudelten. Wie schon beim Austria Con II mußte da unser Hängerspezialist Karl Heinz ran, und nachdem die Schnüre alle vorbereitet waren, fanden sich auch die bereits zurechtgeschnittenen vom letzten Mal wieder. Aber es wurde auch zunehmend schwerer, in unserem provisorischen "Hauptquartier", das wir hinter den Stellwänden in einem kleinen, abgetrennten Teil des Präsidentenzimmers - nomen est omen -eingerichtet hatten, die Orientierung zu behalten. Da stapelten sich nicht nur sämtliche Verpackungsmaterialien der Werbe-, Fan- und Verkaufsartikel, nein, es standen auch noch die Pinkerl und Packerl aller Helfer, der Familienangehörigen und einiger Ehrengäste dort herum, und dazwischen und darüber lagen Berge an Gewand. Außerdem dienten diese zehn Quadratmeter auch als Umziehraum, und wer weiß, was da noch alles passiert ist.
Zwischendurch waren im Foyer immer wieder unbekannte, weil nicht schwitzende, Gesichter zu sehen. Offenbar wollte einige Fans schon einen kurzen Blick auf die Dinge werfen, die da in Kürze auf sie zukommen würden - ich weiß gar, ob die dann später noch einmal gekommen sind.

Als sich die ersten Ehrengäste ihre Eintrittskarten abholten, wurde es immer mehr zur schrecklichen Gewißheit, daß wir es bis zum Beginn der Vernissage nicht mehr schaffen würden. Während Wolfgang vor einigen Dutzend Leuten um 19:00 Uhr eine lange Eröffnungsrede hielt, wurden einen Raum weiter noch im Akkord Bilder aufgehängt und leere Kartonschachteln, Klebebänder und sonstiger Müll entfernt. Ich glaube, Karl Heinz hatte sogar noch ein Bild in der Hand, als sich der Besucherstrom langsam in die Räume der "Bel Etage" ergoß.

Und plötzlich war alles anders. Ruhe kehrte ein, friedliches Gemurmel füllte die Räume, dazwischen schwebten Archie und Andreas mit Tabletts voller Vurguzz-Gläser, am Buffet erklang sanftes Geschmatze, und ein paar Kinder versteckten leise und heimlich angebissene Muurt-Würmer auf den vollbeladenen Essensplatten. Charlies Frau Lisi hatte in mehrtätiger Arbeit ein wirklich liebevoll gestaltetes, galaktisches Buffet auf die Beine gestellt, ausgeschildert mit Blues-Pappköpfen, die die Speisen in ihrer Heimatsprache anpriesen, und das ganze für etwa sechzig Personen. Applaus!
Auch die Hausherrin des Palais Eschenbach war gekommen, und erhielt als kleines Dankeschön für ihre wirklich tolle Unterstützung einen Strauß weißer Rosen, überreicht von - und das darf wohl als kleine Sensation, weil zuvor von uns noch nie gesehen, angesehen werden - Roman mit Anzug und Krawatte.

Mittlerweile war es schon recht spät geworden, aber keiner konnte sich so recht entschließen, in unser Abendlokal "Plutzer Bräu" aufzubrechen, weil es draußen nicht nur abgekühlt, sondern auch zu regnen begonnen hatte. Zwar gab es keine sintflutartigen Unwetter wie in Rastatt, aber es reichte auch, daß man naß wurde und die Kälte in die Glieder kroch. Nachdem jedoch das Buffet leergegessen und der Vurguzz ausgetrunken waren, zogen schließlich die ersten Mutigen los, und etwa um zehn Uhr herum war dann der Massentransfer endgültig geglückt. Jetzt konnten auch die Studenten, die uns von Frau Dr. Schwarz als "gute Geister" für den Schlüsseldienst und diverse Problemchen zur Verfügung gestellt wurden, nach Hause gehen.

Es werden sich wahrscheinlich die Wenigsten bewußt gewesen sein, daß sie sich, genau genommen, heute Abend bei einem erweiterten Stammtischtreffen befanden, für das immer der erste Freitag im Monat reserviert ist. Noch dazu hätte es gegolten, das 5jährige Jubiläum zu feiern, aber das ging im allgemeinen Trubel wohl etwas unter. Aber wer braucht schon solche Formalitäten - Hauptsache, die Stimmung war gut! Allerdings machte sich jetzt der anstrengende Tag durch Müdigkeit bemerkbar, und es war nicht verwunderlich, daß sämtliche Organisatoren bereits vor Mitternacht w.o. gaben und die Heimreise antraten.

Für ein ausgiebiges Frühstück hatte wohl keiner von uns Zeit, wollten wir doch an diesem Samstag, den 8. September 2001, schon ab sieben Uhr die letzten Vorbereitungsarbeiten vor Ort angehen. Und so stand ein kleines Grüppchen bei kaltem Wind und Regenschauer im Eingangsbereich des Palais Eschenbach - und konnte nicht hinein. Da half kein Klopfen und kein Rufen, das Tor blieb verschlossen. Einige liebäugelten schon mit einem Stahlträger von einer Baustelle neben dem Palais, aber schließlich kam doch der zuständige "Key-Man" und ließ uns rein. Jetzt aber hurtig!

Die Drecksarbeit war zum Glück schon gestern erledigt worden, heute ging es noch um die Feinabstimmung - Eintrittskarten sortieren, die Handkassa und die Con-Packages herrichten, das Buffet betriebsbereit machen, letzte Soundchecks durchführen und nervös sein. Und warten, bis die ersten Gäste kommen.

Einlaß war ab neun Uhr, aber die ersten Frühaufsteher kamen schon um halbneun, und die ließen wir natürlich nicht vor der Türe warten - zeitiges Kommen sichert die besten Plätze. Schön langsam gingen alle in Startposition, doch der erwartete Ansturm hielt sich noch in Grenzen. Trotzdem kamen wir zunächst einmal ins Schwitzen, bis sich eine gewisse Routine einstellte - Begrüßung, nach einer Vorreservierung fragen, Eintrittskarte mit dem Namen beschriften, in eine Plastikhülle geben, Geld einkassieren und Wechselgeld herausgeben, Con-Package überreichen, und weiter zum nächsten Gast.
Um halbzehn Uhr traf das Sonderpostamt ein. Zwei Postbedienstete kamen mit Briefmarken und Stempeln bewaffnet und richteten in einer Ecke des Foyers eine zünftige Außenstelle ein - sogar ein kleiner Postkasten wurde aufgestellt, in den man die abgestempelten Kuverts einwerfen und tatsächlich verschicken konnte. Bis zwei Uhr nachmittags würden die Postler ihres Amtes walten, dann war die Chance vorbei, sich noch jemals in diesem Fan-Leben einen solchen Stempel auf einen Beleg geben zu lassen. Angesichts dieser Tatsache wurden die zwei Beamten natürlich mit Kuverts überhäuft, die sie von einigen Sammlern gleich dutzendweise vorgelegt bekamen. Außerdem kamen jetzt auch die "externen" Briefmarkensammler, die nicht unbedingt PERRY RHODAN-Fans waren, sich aber trotzdem für ihre Sammlung einen Stempelabdruck holten.

Wolfgang, um 10:10 Uhr, völlig entnervt: "Leo, wie funktioniert die Anlage!?"
Leo, soeben gekommen, ganz entspannt: "Einfach aufdrehen ..."

Wie erwartet, begann der eigentliche Besucherandrang erst um zehn Uhr, und so wurde kurzerhand der Beginn ein bißchen nach hinten verschoben, man muß ja flexibel sein. Ab viertelelf Uhr wurde die Soundanlage in Betrieb genommen, und um halbelf Uhr war schließlich die offizielle Eröffnung. Der Saal war zwar nicht voll, aber wohlgefüllt, und auch alle Ehrengäste und Referenten waren bereits da. Mögen die Spiele beginnen!

Nach einer Begrüßung von Wolfgang namens des Wiener PERRY RHODAN-Stammtisches wurde das Video des PROC zum 40jährigen Jubiläum der Serie gezeigt. Die Besucher waren von den großartigen Animationen sichtlich beeindruckt, und darum wurde der Clip auch in voller Länge gezeigt. Anschließend gab es noch eine Videoeinspielung mit einer Begrüßung von Clark Darlton, die vor wenigen Wochen bei einem Besuch in Salzburg aufgezeichnet worden war.

Dann war Susan Schwartz, die "Jubiläumsfrau", an der Reihe, die zu den 40 Jahren PERRY RHODAN noch einiges nachlegen konnte: 40 Jahre Uschi Zietsch, 10 Jahre Autor bei der Serie und 50 geschriebene P.R.-Romane! Was ihren Bühnenauftritt an sich betraf, war jedoch kein Jubiläum, sondern eine Premiere zu feiern. Unterstützt wurde sie dabei vom profunden Kenner der P.R.-Materie Hermann Urbanek, der ihren Programmpunkt moderierte. Susan Schwartz erzählte über ihren schriftstellerischen Werdegang, die Gründung des Fabylon-Verlages und ihre Streifzüge durch andere literarische Genres.

Hermann Urbanek war auch gleich der nächste Referent. Unter dem Titel "Die Fandom-Kriege" gab er Einblicke in die Anfangstage der Science Fiction Szene und ging speziell auf die Gründung und Aktivitäten der verschiedenen Clubs sowie deren Rivalitäten und Auseinandersetzungen ein. Natürlich war das keine trockene Angelegenheit, sondern ein bunt zusammengestelltes Potpourri aus Fakten und Anekdoten.

Die Mittagszeit nahte, und die Besucher nutzen die eineinhalb Stunden Pause, um ihren Hunger außer Haus in einem der nahegelegenen Lokale zu stillen oder sich am Buffet mit Würstchen und Aufstrichbroten zu versorgen. Insbesondere für die Organisatoren waren Würstchen mit Senf und Brot an diesem Wochenende das Hauptnahrungsmittel, da wir weder Zeit noch Muse hatten, irgendwo großartig zu dinieren - es mußte in erster Linie rasch gehen und satt machen.
Wer die Sorge um das leibliche Wohl bereits abgehakt hatte, konnte seine Suchlisten rauskramen und den Händlerbereich stürmen oder am Stammtisch-Stand im Foyer noch Fanartikel erstehen, von denen einige schon schön langsam zur Neige gingen. Die "Reg Bull" Dosenpyramide wurde immer kleiner, und die Postkarten mit Con-Motiv verkauften sich so gut, daß sie bald aus waren.
Auch die Postbeamten konnten sich jetzt abwechselnd eine kurze Mittagspause gönnen. Der große Ansturm des Vormittags war vorbei, fast zweitausend Mal wurde das PERRY RHODAN-Konterfei auf den unterschiedlichsten Belegen verewigt, und um 14:00 Uhr, dem offiziellen Ende des Sonderpostamtes, gab es den unwiderruflich letzten Stempelabdruck auf einem Briefkuvert. Weiterhin war jedoch die große Briefmarkenausstellung "Der Weg zu den Sternen" zu besichtigen, die im Foyer und im Gangbereich mit unzähligen Schaukästen zum Verweilen einlud und nicht nur für Philatelisten interessant war.

Rechtzeitig zu Hubert Haensels Programmpunkt "Die Kosmos-Chroniken, Teil II" waren alle Gäste wieder im großen Festsaal versammelt.

 

FORTSETZUNG FOLGT ...

 

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